Mit staunendem Herzen

Kennst du dieses leise, ehrfürchtige Innehalten, wenn dir bewusst wird, dass Gott noch viel größer ist als wir uns ausdenken könnten? Solche Momente stärken den Glauben auf besondere Weise.

 

Staunen ist der Anfang des Glaubens. Denn ein Herz, das staunt, ist ein Herz, das nicht verschlossen bleibt. Es öffnet sich für den Empfang von Gottes Wirken. Und ein empfangsbereites Herz, das sich in Lob und Hingabe öffnet, wird von Gott selbst verwandelt.

Schon der Psalmist betete: „Öffne mir die Augen, damit ich die Wunder aus deinem Gesetz erkenne“ (Psalm 119,18). Dieser Vers zeigt, dass Staunen kein Zufall ist, sondern ein Geschenk, das Gott uns gibt, wenn wir bereit sind, unser Herz zu öffnen. Die Adventszeit lädt uns genau dazu ein: unser Herz neu aufzumachen für das, was Gott getan hat und weiter tun will.

Wenn Krisen, Sorgen und Unsicherheiten uns umgeben, wirkt Staunen fast wie ein Fremdwort. Aber die Weihnachtsgeschichte zeigt uns Menschen, deren Herzen empfangsbereit sind und die dadurch das Wunder erkennen können, das mitten in der Dunkelheit aufleuchtet.

»Meine Seele staunt über die Größe des Herrn, und mein Geist freut sich über Gott, meinen Retter!« – Lukas 1,46–47

Marias prophetisches Lob

Maria, ein junges Mädchen aus Nazareth, erfährt die größte Überraschung ihres Lebens: Sie soll den Sohn Gottes zur Welt bringen. Äußerlich hätte sie allen Grund, überfordert und ängstlich zu sein. Aber ihr Herz reagiert anders. Sie stimmt ihr Loblied an: „Meine Seele staunt über die Größe des Herrn, und mein Geist freut sich über Gott, meinen Retter!“ (Lukas 1,46–47).

Was Maria hier singt, ist nicht nur ein Loblied auf ihre persönliche Berufung. Es ist ein prophetischer Blick in die Zukunft: Gott stürzt Mächtige vom Thron, erhöht die Niedrigen, erfüllt die Hungrigen und bleibt seinem Bund treu. Ihr Herz ist nicht von Angst, sondern von Staunen und Hingabe geprägt.

Maria zeigt uns: Ein empfangsbereites Herz erkennt nicht nur das, was gerade sichtbar ist, sondern preist Gottes Handeln im Voraus.

Zacharias preist

Ganz anders verläuft die Geschichte von Zacharias, dem Vater von Johannes dem Täufer: Als er Gottes Verheißung zunächst nicht glauben kann, verstummt er. Erst als er den Namen seines Sohnes bekennt, löst sich seine Zunge, und er bricht in Lobpreis aus: Er preist den Gott Israels, der sein Volk besucht und erlöst hat (Lukas 1,57–79). Zacharias erkennt Gottes großen Heilsplan, in dem auch sein Sohn Johannes eine Rolle spielt.

An Zacharias lernen wir: Ein Herz kann verschlossen sein, skeptisch, sogar stumm vor Unglauben. Aber wenn es sich öffnet, dann verwandelt sich Schweigen in Staunen, Zweifel in Lob, Unsicherheit in Hingabe.

Die Hirten staunen

Die Hirten sind einfache Leute, keine Gelehrten, keine Priester. Und doch sind sie die Ersten, die die Botschaft hören: „Euch ist heute der Retter geboren!“Sie reagieren mit empfangsbereiten Herzen: Sie staunen über die Engel, sie machen sich auf den Weg, und nachdem sie das Kind gesehen haben, preisen sie Gott (Lukas 2,8–20).

Ihre Reaktion ist dreifach: staunen, gehen, preisen. Dieser Dreiklang gilt bis heute: Gottes Handeln löst Staunen aus, Staunen führt zu einem Schritt des Glaubens, und der Schritt des Glaubens endet im Lobpreis. Die Hirten erinnern uns daran: Gott offenbart sich Herzen, die offen sind. Entscheidend sind nicht Klugheit oder Stellung, sondern Empfänglichkeit für Gottes Reden und Handeln.

Hanna bleibt offen

Nach dem Tod ihres Mannes verbringt die Prophetin Hanna ihr Leben im Tempel. Viele Jahre sind vergangen, sie hat viel gesehen, und doch hat ihr Herz nicht aufgehört, auf Gottes Erlösung zu hoffen. Als Maria und Josef mit dem Kind in den Tempel kommen, erkennt sie: Das ist er! Das ist der verheißene Retter. Sie preist Gott und erzählt allen, die auf die Rettung warten, von Jesus (Lukas 2,36–38).

Hanna zeigt uns: Ein wartendes Herz kann auch über viele Jahre empfänglich bleiben. In ihrer Hingabe, ihrem unermüdlichen Gebet erkennt sie Gottes Kommen im entscheidenden Moment.

»Ein Herz, das staunt, wird weiter. Ein Herz, das sich hingibt, wird stärker.«

Jesajas prophetischer Blick

Jahrhunderte bevor Jesus geboren wird, sagt Jesaja die berühmten Worte: „Siehe, eine Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn gebären, und sie wird ihm den Namen Immanuel geben“ (Jesaja 7,14).

Jesaja blickt in eine unruhige Zeit, voller Bedrohungen und politischer Unsicherheit und spricht Hoffnung hinein: Gott selbst wird gegenwärtig sein – Immanuel, „Gott mit uns“. An Jesajas Worten erkennen wir: Ein empfangsbereites Herz sieht mehr als die Dunkelheit. Es sieht das kommende Licht, bevor es aufstrahlt.

Und heute?

Wir leben in einer Zeit, die oft das Gegenteil von Staunen hervorbringt: Nachrichten von Kriegen, von drohendem wirtschaftlichem Abstieg oder auch persönliche Sorgen um Gesundheit oder Familie können unser Herz verhärten. Aber die Weihnachtsgeschichte ruft uns auf: Öffne dein Herz neu.

- Lerne von Maria, empfangsbereit zu sein und im Voraus zu loben.

- Lerne von Zacharias, dich zu öffnen und verwandeln zu lassen.

- Lerne von den Hirten, aus dem Staunen heraus deine Glaubensschritte zu gehen.

- Lerne von Hanna, deine Hoffnung zu bewahren.

- Lerne von Jesaja, das Licht zu sehen, das noch kommen wird.

David schreibt in Psalm 34,2: „Ich will den Herrn loben allezeit; ständig soll sein Lob in meinem Munde sein.“Dieses Lob macht sich nicht von den Umständen abhängig, sondern „allezeit“ und „ständig“ ist es Ausdruck eines empfangsbereiten Herzens. Lob und Hingabe sind die eingeübten Haltungen des Herzens. Lob richtet den Blick auf Gottes Größe statt auf eigene Begrenzungen. Hingabe bedeutet, Gott auch in der Unsicherheit zu vertrauen. Ein Herz, das lobt, wird leichter. Ein Herz, das staunt, wird weiter. Ein Herz, das sich hingibt, wird stärker.

»Unsere Welt braucht Menschen, die mitten in der Dunkelheit das Licht feiern.«

Unsere Welt braucht Menschen, die mitten in Dunkelheit das Licht feiern. Menschen, die mitten in Unsicherheit Lob auf den Lippen haben. Menschen, deren Herz empfänglich bleibt – für das, was Gott tut. Und selbst wenn die äußeren Umstände dagegenstehen, darf jeder mit Habakuk bekennen: „Wenn auch der Feigenbaum nicht grünt … dennoch will ich jubeln über den Herrn und mich freuen über den Gott meines Heils“(Habakuk 3,17–18).

Ein empfangsbereites, staunendes Herz ist kein Luxus, sondern Überlebenskraft. Es lässt dich nicht nur auf die Ewigkeit hoffen, sondern schenkt dir schon heute Lebensfreude und Perspektive. Wenn dein Herz staunen lernt, entdeckst du Gottes Spuren im Alltag. Wenn dein Herz lobt, verschiebt sich dein Blick von Angst auf Vertrauen. Und wenn dein Herz sich hingibt, erlebst du Frieden, den keine Umstände dir nehmen können.

So darfst du wissen: Mit einem offenen, staunenden Herzen bist du nicht Zuschauer, sondern Teil von Gottes Geschichte. Und diese Geschichte endet nicht in Finsternis, sondern im Licht.

Daniel Müller, Leiter des Missionswerk Karlsruhe

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