Persönliche Erlebnisse aus dem umkämpften Heiligen Land 

Von unserem langjährigen Reiseleiter und Freund Dany Walter.

Der Staat Israel feiert in diesem Monat seinen 75. Geburtstag. Das bedeutet für uns: 75 Jahre Existenzsicherung. Für die Kinder Israel ist die Rückkehr in ihr Heimatland ein Wunder Gottes. Vor etwa 150 Jahren begannen Juden in aller Welt, sich vorzubereiten auf die Möglichkeit, in ihr Ursprungsland zurückkommen und man kann fast nicht glauben, dass es Realität wurde. 

Mensch bleiben

Die Einwanderer standen vor vielen geographischen und klimatischen Schwierigkeiten. Im Wüstenland war Ackerbau harte Arbeit. Alle Straßen, Leitungen und Wohngebäude mussten erst geschaffen werden. Zudem bildete die arabische Bevölkerung die Mehrheit in dieser Region und akzeptierte nie die jüdische Demokratie in ihrer Mitte. Gleich nach der Staatsgründung griffen die arabischen Nachbarländer Israel an. Damals standen etwa 650.000 Juden fast ohne Waffen 50 Millionen Bewohnern der bewaffneten arabischen Länder gegenüber – David gegen Goliath.

Viel wurde seither geschrieben und analysiert: Wie ist es möglich, dass Israel in den vielen Kriegen, die uns leider seit der Staatsgründung begleiten, immer einen Sieg errungen hat? Welche militärischen Strategien wurden ausgeklügelt? Welche Truppen haben gekämpft? Die Fachleute haben alles diskutiert. Ich selbst musste leider von 1962 bis 1995 an allen diesen Konflikten teilnehmen. Wie jeder wehrfähige Israeli wurde ich vom Militär eingezogen.

In meinen Augen ist die Stärke unserer Armee ihr hohes moralisches Niveau, das wir durch unsere Kultur und die Heiligen Schriften gewinnen. Mehrere Male wurden mir das konkret vor Augen geführt. 

Wer nie einen Krieg erlebt hat, kann sich wahrscheinlich gar nicht vorstellen, wie eine Kriegssituation das Denken eines Menschen verändert. Alle moralischen Vorstellungen wandeln sich auf einen Schlag. Plötzlich darf und muss man manchmal Menschen (den Feind) töten. Andererseits darf man nicht die Häuser und Geschäfte der fliehenden Bewohner plündern. Man muss Mensch bleiben – auch im Krieg. 

Gott der Gnade

In der letzten Nacht des Sechs-Tage-Kriegs, dem dritten Arabisch-Israelischen-Krieg, der am 5. Juni 1967 begann, war ich mit meiner Einheit auf den Golanhöhen zwischen Israel und Syrien. Von weitem sahen wir, wie ein feindlicher, syrischer Offizier mit einem seiner Soldaten eine kleine Wohnung betrat. Zu dritt fuhren wir hin und beim Eintreten sahen wir, wie sich der Offizier und sein Soldat unter zwei Betten verstecken wollten. Der Offizier hatte seine Waffe neben sich liegen und ich konnte gerade noch seine Hand stoppen, bevor sie die Waffe erreichte. Mit meiner eigenen Waffe zielte ich auf ihn. Wir sahen uns in die Augen und es ist eine Frage von Sekundenbruchteilen, ob man schießt oder das Menschenleben verschont. 

Wir brachten ihn und seinen Soldaten zu unserem Auto und fuhren zu unserer Einheit zurück. Unsere Kameraden kochten gerade Kaffee und ich bestellte zwei weitere Tassen Kaffee und sagte, wir hätten hohen syrischen Besuch. Die beiden wurden von der ganzen Mannschaft zu Kaffee und einer kleinen Mahlzeit eingeladen. Der Offizier war sichtlich angespannt und nervös. Er hatte eine kleine Verletzung am Fuß und wurde von unserem Sanitäter behandelt.

Plötzlich fragte er: „Wann werde ich gefoltert?“ 

Wir fragten zurück: „Weshalb sollten wir dich foltern?“ 

Er erwiderte: „Um Informationen zu bekommen.“ 

Wir sagten, der Kampf sei doch vorbei und wir bräuchten keine Informationen mehr. Dann erzählte er, wie er als Offizier den Beschuss einer Siedlung im Norden Israels befohlen hatte, um uns zu provozieren. Doch, Gott sei Dank, die Waffen waren jetzt in unseren Händen und konnten nicht mehr auf den Norden Israels gerichtet werden. 

„Wenn ihr weiterhin provoziert hättet und uns dabei in die Hände gefallen wärt, wäre das sicher keine friedliche Begegnung gewesen“, sagten wir, aber nun war die Situation, Gott sei Dank, eine andere. „Du kannst beruhigt sein. Niemand wird dir etwas antun.“

Sein Gesichtsausdruck änderte sich. „Was seid ihr für komische Soldaten?“, fragte er. 

Einer unsere Soldaten war ein religiöser Jude und antwortete: „Wir glauben an die Heiligen Schriften und darin steht, dass unser Gott ein Gott der Gnade ist und wir seine Kinder sind. Deshalb blicken auch wir voller Gnade auf Menschen.“

Gefährliche Propaganda 

Noch am selben Tag fuhren wir Richtung Jerusalem. Es war Juni, ein heißer Sommertag, sicher um die 45 Grad Celsius. In der Gegend um Jericho und Jordanien sahen wir Hunderte arabische Bewohner auf der Flucht aus Jericho Richtung Osten. Sie hatten aus ihrer Heimat sämtliche Habseligkeiten mitgenommen, die sie auf dem Rücken tragen konnten. Für genügend Wasservorräte war da kein Platz. 

Hinter meinem Fahrzeug hing ein Anhänger mit einem 1000-Liter-Tank voll Wasser. Selbstverständlich blieben wir bei den Flüchtlingen stehen und ließen sie Wasser zapfen. Bei dieser Hitze waren sie in Lebensgefahr. Wir fuhren von Gruppe zu Gruppe, um ihnen Wasser zu bringen und zu helfen. Für eine alte Frau kam jedoch leider alle Hilfe zu spät. Sie starb in meinen Armen. 

Wir fragten die Menschen, warum sie flohen. 

„Weil die israelischen Soldaten kommen!“, sagten sie ängstlich. 

„Aber wir sind die israelischen Soldaten“, sagten wir. „Kehrt nach Hause zurück.“ 

Aber sie beharrten darauf: „Ihr seid gute Soldaten, aber nach euch kommen sicher die Soldaten, vor denen man uns gewarnt hat, die uns ausrauben, vergewaltigen und töten!“ 

In dem Moment habe ich verstanden, was Propaganda in den Köpfen von Menschen anrichten kann und wie sehr falsche Behauptungen zu Angst und Hass führen können. 

In Gottes Sinne entscheiden

Ich will noch ein weiteres Beispiel erzählen für die hohe Moral, die ich in unserer israelischen Armee erlebt habe. 

Im Juni 1982 befand sich Israel im Krieg mit dem Libanon. Zwei Fahrzeuge unserer Einheit waren leider in einem schlechten Zustand. Normalerweise hatten solche Fahrzeuge Ersatzteile und spezielles Werkzeug dabei, um bei einer Panne Reparaturen durchführen zu können – aber in unseren beiden Fahrzeugen gab es nichts davon.

Im Krieg steht man mit der Kolonne oft einfach länger irgendwo, bevor sich die Wagen weiterbewegen. Unsere Fahrzeuge kamen neben einer libanesischen Werkstatt zum Stehen, die von einer Bombe zerstört worden war. Überall in der Umgebung verstreut lagen Gerätschaften und genau das Werkzeug, das uns für den weiteren Einsatz im Krieg fehlte! Ohne groß nachzudenken, nahm einer unserer Leute einen Kasten und füllte ihn mit Werkzeug. Stolz kehrte er zu uns zurück.

Im Notfall hätten uns diese Werkzeuge wahrscheinlich das Leben retten können. Moralisch sauber aber war der Diebstahl nicht. Der Fall hätte anders ausgesehen, wenn es eine Militärwerkstatt der syrischen Armee gewesen wäre. Sie waren unsere Kriegsgegner. Aber hier hatten wir es mit Privatbesitz zu tun. Die Werkstatt gehörte einem libanesischen Bürger. 

Ohne zu zögern, sammelten wir das Werkzeuge aus der Umgebung auf und legten es in eine Ecke der Werkstattruine, damit der Besitzer es dort fand. Obwohl es unser Leben hätte retten können, nahmen wir nicht ein Teil davon mit. Wir sind Gottes Kinder und er ist ein Gott der Gnade – daran hatte uns damals auf den Golanhöhen mein Kamerad aus unserer Einheit erinnert. Daran hielten wir uns auch jetzt. 

Dany Walter, Reiseleiter

Israel-Rundreise vom Missionswerk Karlsruhe Programm 2020

Unter Beduinen 

Erfahre hier, wie ein biblischer Lebensstil einen Reiseteilnehmer rettete. Danny Walter berichtet.
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