Warum Jerusalem?

Wie kam es dazu, dass Gott dieser Stadt eine so wichtige Stellung gab? Dany Walter gibt euch interessantes Wissen zu Israel weiter.

Wenn wir weltweit die Frage stellen, welche die bekannteste Stadt der Welt ist, wird Jerusalem mit Sicherheit auf den vordersten Plätzen landen. In jedem Religionsunterricht wird Jerusalem behandelt. Doch nur Wenige stellen die Frage: Warum ausgerechnet Jerusalem? Was ist das Besondere an dieser Stadt, dass Gott sie dafür auserwählt hat, dass von hier das Wort Gottes in die ganze Welt verbreitet wird? 

Lange unbedeutend

Wenn wir in die Geschichte zurückschauen, sehen wir, dass Gottes Wort unter dem Volk Israel schon fast 800 Jahre lang bekannt war, ohne dass Jerusalem eine wichtige Rolle gespielt hätte. Es war ein Wallfahrtsort, weil Abraham hier bereit war, Isaak zu opfern, aber auch Bet-El war so ein Ort, weil Jakob hier von der Himmelsleiter geträumt hatte und es gab noch weitere. Lange Zeit war Silo, 30 Kilometer nördlich von Jerusalem, das theologische Zentrum, in dem auch die Stiftshütte und die Bundeslade standen. 

So kommen wir wieder zu der Frage: Warum Jerusalem? Um diese Frage zu beantworten, müssen wir 400 Jahre vor König David zurückgehen. Es sind die Zeiten von Josua, der mit dem Volk Israel nach etwa 400 Jahren im Exil in Ägypten wieder zurückkehrte ins gelobte Land. Die Landstriche, in denen man siedeln konnte, waren vernachlässigt, weil die fruchtbaren Gebiete schon von den verschiedenen kanaanitischen Völkern besetzt waren. Die Kanaaniter besaßen eiserne Streitwagen, gegen sie konnte das Volk Israel nicht kämpfen (Josua 17,16-18). Doch so unbesiegbar diese Wagen in der Ebene waren – im Bergland waren sie nutzlos, deshalb siedelte die Israeliten in den Bergen.

Stämme und Familien

Aller Anfang ist schwer. Die Israeliten mussten herausfinden, was in ihrem Gebiet möglich war. Welche Art von Landwirtschaft sie betreiben konnten, welche Früchte wo gut wuchsen. Außerdem mussten sie eine Infrastruktur entwickeln: Wohnhäuser, Wege, Verwaltung. Einen großen Staatsapparat mit aller Bürokratie konnte man zu damaliger Zeit nicht führen. Stattdessen war es für eine solche Entwicklung am besten, mit familiären Strukturen zu beginnen. Und so wurden zwölf Landgebiete an die israelitischen Stämme verteilt.

Man meint immer, dass es zwölf Gebiete für die zwölf Stämme Jakobs waren. Aber der Stamm Levi bekam kein zusammenhängendes Gebiet. Dafür bekamen die Stämme von Josefs Söhnen, Ephraim und Manasse auch jeder einen Teil, so kam man auf die Zahl zwölf. Auf diese Weise konnte jeder Stamm sein Gebiet erkunden und entwickeln. Um weiter Kontakt zwischen den zwölf Stämmen zu halten, suchten die Leviten jeden Monat mit dem Heiligtum einen anderen Stamm auf, außerdem gab einen losen Kontakt zwischen den Stämmen.

Endlich ein König

Einerseits war es hilfreich für die Entwicklung, dass jeder Stamm sein eigenes Gebiet hatte. Aber es gab auch einen Nachteil: Wenn Feinde angriffen, mussten ein oder zwei Stämme allein gegen sie kämpfen. Die anderen Stämme haben oft nicht geholfen. Das ganze Buch Richter befasst sich mit diesem Problem, besonders im Siegesgesang der Deborah (Richter 4-5).

Deshalb bat das versammelte Volk den Propheten Samuel, einen König zu salben. Samuel war gar nicht so glücklich über diese Aufgabe. Denn in der damaligen Welt galt der König auch als Gott. Und darum salbte Samuel nur schweren Herzens Saul zum König. Saul ist eine tragische Figur in der Geschichte. Einerseits war er ein wohlhabender, stattlicher Mann, der alle anderen jungen Männer um einen Kopf überragte (1. Samuel 9,2). Er gründete eine Armee, bekämpfte die großen Feinde, darunter auch die Philister. Er baute von Grund auf ein Königshaus auf. Leider gelang ihm nicht alles.

Er stammte vom kleinsten Stamm Israels ab, dem Stamm Benjamin. Eine Armee und ein Königshaus zu unterhalten, kostet Geld. Die Stämme, die vorher niemals Steuern gezahlt hatten, mussten nun diese Armee finanzieren. Und es war sicher kein Vergnügen, ausgerechnet an den kleinsten Stamm zu zahlen. Der eigentliche Fehler von Saul aber war, Samuels Auftrag nicht zu erfüllen. Schon bei der Einsetzung zum König hatte Samuel ganz klar gesagt, der König sollte nichts mit dem Gottesdienst zu tun haben. Denn es bestand die Gefahr, dass er wie alle Könige in der Umgebung ebenfalls als Gott verehrt werden würde. Der König von Israel sollte bloß ein gehobener Beamte sein, nicht mehr.

Doch als sich den Israeliten in einer Schlacht eine große Übermacht entgegenstellte, wartete Saul mit den Opferhandlungen für Gott nicht auf Samuel, sondern verrichtete sie selbst (1 Samuel 13) und Samuel kündigte ihm das Ende seiner Königsherrschaft an.

Die Davidsstadt

Nach Sauls Tod wurde David König. Er machte auf Gottes Anweisung hin Hebron, die Hauptstadt seines eigenen Stammes Juda, zur Königsstadt. Hebron war die ideale Stadt: Tausend Meter über dem Meeresspiegel gelegen, herrschte hier angenehmes Mittelmeerklima und die weiten Ebenen eigneten sich für Landwirtschaft. Zudem lag sie direkt an einer der beiden Fernhandelswege des Landes, einer langen Wüstenstraße, die nach Ägypten führte. Wer diese weite Strecke zurücklegen wollte, kaufte vorher in Hebron ein, ebenso alle, die aus Ägypten kamen und ihre Vorräte auffüllen mussten. Hebron lag wirtschaftlich und strategisch ideal.

Doch manchmal stellt Gott uns eine Aufgabe, die auf den ersten Blick völlig falsch und unlogisch aussieht. Vermutlich waren das auch Davids Gedanken, als er um 1000 vor Christus die Stadt Jebus zur Hauptstadt Jerusalem ernennen sollte. Jebus war schon von Josua erobert worden. Doch sie war strategisch gesehen eine Katastrophe, von Bergen eingekreist, wo Feinde sich zum Angriff verstecken konnten (Psalm 125).  

Doch Gott wusste: Wenn Hebron auf dem Gebiet des Stammes Juda die Haupstadt bliebe, würde das Volk zersplittern. Denn die Stämme sagten: Bis heute haben wir den Stamm Benjamin bezahlt und jetzt kommt der Stamm Juda, wo Hebron liegt, und kassiert unsere Gelder. Deshalb schickte Gott David los, um stattdessen die Stadt Jebus zu erobern. Sie hatte keine große Bedeutung, aber ihr Plus war, dass sie zu keinem der Stämme gehörte, sondern unabhängig war. 

David besiegte sie mit der Armee der gesamten zwölf Stämme und machte sie zu seiner Stadt, von der aus er ganz Israel regierte. Er ließ die Bundeslade aus dem Haus Obed-Edoms mit Musik und Tanz nach Jerusalem bringen. Sein Sohn Salomon errichtete dort den Tempel, ein Gebetshaus für alle Völker. Um das Volk zu einen, sollten die Familien, wenn möglich vollständig, dreimal im Jahr nach Jerusalem heraufkommen: zu Passah, zu Sukkot (Laubhüttenfest) und zu Schawuot (Wochenfest). Dort konnte der König dem Volk auch wichtige Nachrichten und Erlasse mitteilen. 

Heute, 3000 Jahre nach Davids Eroberung, ist es der große Wunsch jedes gläubigen Juden – und vieler Christen –, nach Jerusalem, in die Stadt Gottes, zu kommen. 

Dany Walter

Kapernaum

Kapernaum

Warum ließ Jesus sich ausgerechnet in einem kleinen Fischerdorf nieder? Diese und weiter Fragen beantwortet Dany Walter in einem spannenden Beitrag.
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