Liebevolle Begleitung schenkt Zukunft
Schon 54 Projekte für Kinder in Jerusalem hat das Missionswerk mit seinen Freunden finanziert. Im vergangenen Oktober wurden während der Israelrundreise der 53. und 54. renovierte Kindergarten eingeweiht. Bei diesen Besuchen treffen wir oft auch Kinder mit Behinderungen, für die die neuen Räume ein Gewinn sind. In einem Kindergarten wurden sogar schallschluckende Zimmerdecken eingebaut, um Nebengeräusche zu reduzieren und so Kinder mit Hörschädigungen zu unterstützen.
Mein Enkel Orr
Manchmal denken Leute, aus behinderten Kindern könne im Leben nichts werden und sie bräuchten ihr ganzes Leben lang Hilfe. Doch das ist nicht in allen Fällen so. Mit der richtigen Unterstützung können diese Kinder sehr viel zur Gesellschaft beitragen. Ich möchte von meiner persönlichen Erfahrung mit einem meiner Enkelsöhne erzählen.
Die ersten meiner zehn Enkelkinder waren Drillinge und Orr ist einer von ihnen. Er leidet unter einer Autismus-Spektrum-Störung, war oft unruhig und aggressiv und Körper- und Augenkontakt fielen ihm schwer.
Als die Drillinge noch klein waren, zog meine Tochter aus beruflichen Gründen mit ihnen für ein paar Jahre nach Kalifornien. Dort betrachtet man diese Kinder als Gefahr für sich und andere. Als ich Orr einmal in seiner Schule besuchte, war ich schockiert: Es sah aus wie in einem Gefängnis. Überall waren Gitter und Orr durfte den Raum nur mit einer Begleitperson verlassen. Als ich ihn dort sah, kamen mir die Tränen.
Ich bin damals viel mit Orr spazieren gegangen. Im Freien bei mir war er viel ruhiger. Doch die beste Behandlung hat Orr von Jerry bekommen. Jerry hatte eine besondere Gymnastik für behinderte Kinder entwickelt. Trampolinspringen gehörte dazu und auch andere sportliche Methoden. Vor allem aber hatte Jerry eine große Liebe zu diesen Kindern. Orr war glücklich und entwickelte eine besondere Beziehung zu ihm.
Nach sechs Jahren kehrte meine Tochter nach Israel zurück und Orr kam in eine normale Schule. Auch dort habe ich ihn besucht. Ich wollte ihn abholen und weil ich frühzeitig dran war, setzte ich mich in eine Ecke des Klassenzimmers. Zu meiner Verwunderung sprach die ganze Klasse Englisch. Ich fragte den Lehrer hinterher, ob es eine Englischstunde gewesen sei. „Nein“, sagte er. „Die Klasse hat sich entschlossen, Englisch zu sprechen, damit auch Orr voll mit dabei sein kann, bis er genug Hebräisch versteht.“ Auch diesmal kamen mir die Tränen. Aber aus ganz anderen Gründen. Kinder mit Behinderungen wurden hier völlig anders behandelt.
Orr beendete die Schule und wegen seiner Behinderung wurde er nicht, wie in Israel üblich, ins Militär eingezogen. Stattdessen leistete er Zivildienst und begann anschließend ein Studium für Filmemacher.
Film über Jerry und Jack
Jerry aus Kalifornien hatte in der Zwischenzeit eine Frau geheiratet, deren Sohn Jack an einer schweren Muskelkrankheit litt. Er war nicht Jerrys leiblicher Sohn, aber er liebte ihn sehr und unternahm viel mit ihm. Gemeinsam fuhren sie mit dem Motorrad durch ganz Kalifornien und Jack wurde zum Star der Rugby-Mannschaft: Jedes Spiel begann mit Jacks Einwurf. Auch mit ihm machte Jerry viel Gymnastik, obwohl er wusste, dass Jack kein langes Leben haben würde.
Orr hielt all die Jahre Kontakt zu Jerry und Jack. Für seine Master-Arbeit im Filmstudium wählte er schließlich als Thema die besondere Beziehung zwischen seinem Freund Jerry und dessen Stiefsohn. Zweimal flog Orr zum Dreh in die USA. Als der Film fertig war, wurde er sogar unter 100 Bewerbern mit einem Filmpreis ausgezeichnet.
Am Anfang des Filmes erzählt Orr seine persönliche Geschichte. Er sagt: „Ich möchte Kindern Hoffnung machen, die wie ich behindert sind, die aber die Hoffnung nicht aufgegeben haben, sondern vorwärtsgehen.“ In diesem Video sind einige (englischsprachige) Szenen des Films und eine Einführung
von Orr zu sehen.
In Kinder investieren
Ich begleite die Arbeit des Missionswerks in Israel schon seit den Anfängen. Zu den Kindergärten und Schulen in Jerusalem, besonders in den sozial schwächeren Vierteln, habe ich durch meine Erfahrung mit Orr einen ganz besonderen Bezug.
Wenn ich dort den vielen behinderten Kinder begegne, sehe ich vor mir, wie ihnen mit der richtigen Unterstützung und liebevoller Begleitung eine positive Zukunft ermöglicht wird.
Was für eine gesegnete Arbeit, die das Missionswerk seit vielen Jahren in Israel tut! Selbst der amtierende Bürgermeister Mosche Lion ist davon so begeistert, dass er bei jeder Einweihung persönlich dabei ist. Im Oktober 2021 sagte er, er freue sich schon auf die Einweihung des 55. Kindergartens im September 2022. Die ganze Arbeit ist eine große Investition in das Leben von meist benachteiligten Kindern in Jerusalem!
Dany Walter